Autor: Joseph Zaragoza
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die „literarische“ Qualität der Texte weder dem sozialen Umfeld entspricht, in welchem sie, theoretisch, ihren Ursprung haben, noch der historischen Zeit, in der sie, theoretisch, hervorgebracht wurden[13]. Dies will nicht heissen, dass sie äusserst komplex oder kompliziert seien. Im Gegenteil: sie weist eine ausserordentliche Einfachheit auf. Jedoch übersteigt die Tiefe der Sachverhalte, die dort dargelegt werden, bei weitem jegliche Kenntnis, die man noch in der heutigen Zeit über die Materie haben könnte.
Auf eine schwer erklärbare Weise sind die Texte des Dritten Testaments sowohl mit grösstem Eifer als auch gleichzeitig mit grösster Einfachheit verfasst; in einem derart neutralen Standartspanisch, dass es verstanden werden kann. Im Dritten Testament kommt in der Tat weder irgendein „Regionalismus“ noch irgendeine „Eigentümlichkeit“ vor, die erlaubt seine Herkunft geographisch einzuordnen, noch irgendeine Äusserung, die ihn chronologisch einzuordnen erlauben würde.
Es handelt sich um ein Spanisch, das jedem zugänglich ist, welches aber gleichzeitig vom Inhalt her gewaltig reich ist: „Das Wort, welches ich euch lehre, –ist bspw. zu lesen– ist an seiner Oberfläche klar und einfach, doch unendlich tief in seinem Gehalt“.[14] Eine Sprache, die aufgrund dieser Tatsache, sich immer für viele Ebenen der Interpretation anbietet –die sich immer ergänzen und niemals widersprechen. Eine Sprache, deren Verständnisebene immer in enger Konsonanz mit dem Entwicklungsstandpunkt und der Verständnisebene des Lesers[15] stehen würde.
Eine Sprache, in welcher abgesehen von den menschlichen Fehlern, die überall zu finden sind (in diesen völlig handwerklichen Auflagen, die bis jetzt existieren) alles mit dem Ganzen und mit jedem seiner Teile im Verhältnis zu stehen scheint. Eine Sprache, in der nichts ein Produkt des Zufalls zu sein scheint[16]. Eine Sprache, deren einzige „Referenz“ gerade die Sprache wäre, die in der Bibel verwendet wird.
Etwas, das gemäss seiner eigenen Logik dem „Beginn“ einer anderen Zeit entsprechen würde, dem „Beginn einer neuen Zeit“… Jener Zeit des Heiligen Geistes, die so sehr erwartet wurde und danach rundweg in Vergessenheit geriet ?[17] Jener Zeit, in welcher sich die Prophezeiungen über das „Ende der Welt“[18] erfüllen würden ? Jener Zeit, in welcher „eure Söhne und Töchter prophezeien werden, eure Alten Träume und eure Jungen Visionen haben werden“ ?[19] Den Gläubigen fällt es zu, zu entscheiden, den Forschenden zu analysieren !
Welche sind die Gründe, die für die Glaubwürdigkeit dieser Texte sprechen? Über allem hinweg die Texte selbst, die Weisheit und Tiefe der Reflexionen, die Offenbarungen und Ermahnungen, die dort dargestellt werden. Und andererseits die Tatsache, laut allen Offenkundigkeiten an vielzähligen Orten und durch zahlreiche „Sprachrohre“ hindurch „empfangen“ worden zu sein, und trotz allem eine Einheit bewahrt zu haben in ihrem Geist, in ihrem Charakter, in ihrem Stil. Welche dunkle Macht hätte ein trügerisches Spiel solchen Ausmasses während Jahrzehnten in einem ganzen Land organisieren können?
In diesen Offenbarungen, die gemäss ihren eigenen Aussagen im Jahre 1866 mit den ersten durch Roque Rojas[20] durchgegebenen Botschaften begonnen hätten, findet man, auf jeden Fall, die Erklärung von Grundkenntnissen, die von der Mehrheit des Christentums –noch heute– für Geheimnisse gehalten wurden, v.a. jene der Dreifaltigkeit: welche nicht mehr als die Kundgabe „Gottes“ in drei verschiedenen Phasen – als „Vater“, als „Sohn“ und als „Heiliger Geist“[21] wäre.
Kundgaben, die in jeder Phase der jeweiligen erreichten Entwicklungsstufe der Menschheit entsprächen. So habe die erste Kundgabe Gottes als Vater, als Potenz, den Hauptzweck gehabt, das Gesetz darzulegen; die zweite Kundgabe als Sohn, der Menschheit die Liebe zu verkünden, seine dritte, im Jahre 1866 beginnend, als Heiliger Geist, die Weisheit[22] kundzutun. Auf diese Weise wäre Gott jedesmal genau derselbe, nur auf drei verschiedene Weisen sich kundgebend. Siehe da das grosse Geheimnis der Trinität aufgeklärt!
Seinerseits wird das Geheimnis der „Auferstehung des Fleisches“ als Reinkarnation des Geistes erklärt. Das „Endgericht“ gäbe es nicht, weil alle Geister „fortwährend“ durch das Gesetz der „Reinkarnation“ gerichtet würden, welches dem Gesetz der „Wiedergutmachung“ abgeleitet ist. Auf diese Weise erfreuten sich alle Geister der Möglichkeit, so viele Male wie nötig zu reinkarnieren, um all das zu lernen und auf sich zu nehmen, was das Menschenleben sie lehren solle. Doch dieses wäre nicht mehr als bloss eine Stufe der unzähligen, die die Entwicklungsleiter der Geister beinhaltet.
Tatsächlich bestätigt das Dritte Testament, dass das Gesetz der Reinkarnation bereits mehr oder weniger klar im Neuen Testament nahegelegt werde, vor allem was das Kommen des Propheten Elias, reinkarniert in Johannes dem Täufers[23], angeht. Und ebenfalls noch selbst auf das Kommen Jesu Bezug nehmend, der wie man weiß in den meisten Fällen als einer der Propheten des Altertums[24] angesehen wurde. (Man soll sich daran erinnern, dass die Reinkarnation bei den ersten Christen ein akzeptiertes Konzept war, und dass es aus politischen Gründen, erst im Jahre 543, durch den römischen Kaiser Justinianus verboten wurde[25].)
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[13]Es soll hier wiederum darauf hingewiesen werden, dass in den Anfängen der grösste Teil der Menschen, die diese Texte empfangen, Analphabeten waren, wie in Mexiko damals der grösste Teil der Bevölkerung.
[14]U. 332,10
[15]„Mein Wort ist für alle demütig und einfach gewesen.“ U. 244,35 „Meine Kundgabe ist für alle verständlich. Ich habe gemäss dem Fassungsvermögen eures Gehirns gesprochen, denn ihr könntet meine ganze Weisheit nicht verstehen.“ U. 184,20
[16]„Ich will, dass ihr die Bedeutung begreifen lernt, die dem Studium und der Ergründung Meines Wortes zukommt, da jeder Ausspruch entweder eine Offenbarung oder eine Prophetie, ein Urteil oder eine Belehrung für euren Geist enthält.“ U. 76,49
[17]Was bei Lukas, 18,8 bereits nahegelegt bzw. prophezeit wird: „Wird aber der Menschensohn auf Erden Glauben finden, wenn er kommt?“
[18]Welche, obwohl mit beträchtlichen Umwälzungen und unzähligen Menschenverlusten, nicht das Ende der physischen Welt, die wir bewohnen, bedeuten würde, sondern nur das Ende der „egoistischen, zurückgehaltenen und nutzlosen“ Welt: dem „Reich des Bösen“.
[19]Joel 3,1
[20]Über das Leben des Vorläufers des Trinitarisch-Marianischen Spiritualismus ist wenig bekannt. Er wurde in Mexiko geboren (1812–1879). Der Vater war Mexikaner und hatte jüdisch-sefadische Wurzeln, die Mutter war Eingeborene Otomí (aus einem indigenen Volk im Zentrum Mexikos, welches in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Symbolkunde eine Prophezeiung erhalten hatte, die das nahe Bevorstehen einer neuen Zeit ankündigte). Er studierte 3 Jahre lang im Priesterseminar von Mexiko und lernte viele verschiedene Berufe (Drucker, Zimmermann, Maler, etc). Am 21. Juni 1861 hätte er seine erste Vision gehabt, in welcher der Engel Gabriel –sic– ihm die 5 Jahre später stattfindende Ankunft des Geistes der Wahrheit ankündete, gemäss der Beschreibung in den Heiligen Schriften und ihm auftrug, Menschen auf diese Ankunft vorzubereiten. In der Zwischenzeit habe er auf spontane Weise unzählige schwerkranke Menschen geheilt. Am 1. September 1866 gab er als erstes Sprachrohr die erste Botschaft aus der „Geistigen Lichtwelt“ durch. Nach den Worten des Dritten Testaments sei er gleichzeitig „Prophet, Seher und Führer“ gewesen. (siehe U. 345,57-58)
[21]Die Bezeichung Trinitarisch-Marianischer Spiritualismus beschreibt die Tatsache, dass im Vordergrund der Glaube an die ‚Vor-Stellung‘ des Geistes vor der Materie steht. Es bezeichnet die Kundgaben eines einzigen und lebendigen wahren Gottes, im Glauben an Gott als Vater-Mutter-Einheit, der allmächtig und zugleich göttlich-zärtlich ist. Dazu muss gesagt werden, dass diese dritte Kundgabe bereits im Mittelalter durch den Abt Joachim von Fiore, 1135-1202, vorausgesagt wurde, der sie klar als „Die Ära des Heiligen Geistes“ bezeichnete. Auch der chilenische Jesuit Manuel Lacunza, 1731-1801, hat die Kennzeichen die diese Zweite Wiederkunft mit sich bringen würden auf folgende Weise beschrieben: „Es wird nicht mit Schnelligkeit geschehen, sondern langsamer, als man denkt“ – siehe „La Venida del Mesías en Gloria y Majestad“, London 1816. Die Deutsche Literatur hat ihrerseits durch den Musiker und Schriftsteller Jakob Lorber, 1800-1864, das Bevorstehen dieser Geschehnisse beschrieben, die gemäss seinen Schriften in einer Nation „jenseits des grossen Ozeans“ stattfinden würden – siehe „Das grosse Evangelium Johannes“, Lorber-Verlag, D-74321 Bietigheim-Württemberg, 1985.
[22]Und jede folgende und sich ergänzende Kundgabe habe zum Ziel gehabt, die Entwicklung der Geister zu fördern, und nicht diese zu bremsen oder gar aufzuhalten. „Ich übergebe euch meine Lehre nicht einfach in Form einer moralischen Bremse für eure Leidenschaften. Nein, ich gebe sie euch, damit ihr auf den Stufen höchster Geistesgefilden emporscheitet.“ U. 118,89
[23]„Da fragten ihn seine Jünger: Weshalb halten unsere Schriftgelehrten daran fest, dass zuerst der Prophet Elia kommen muss? Jesus antwortete: Sie haben recht! Elia kommt und wird alles in Ordnung bringen. Doch ich sage euch: Er ist bereits gekommen, aber man hat ihn nicht erkannt. Sie haben mit ihm gemacht, was sie wollten. Und auch der Menschensohn wird durch sie leiden müssen. Nun war es den Jüngern klar, dass er von Johannes dem Täufer sprach.“ Matthäus 17,10-13 Auch bei Johannes 9,1-2 hat es klare Anzeichen über die Kenntnis dieses Wissens: Als er seines Weges ging, sah er einen Mann, der von Geburt an blind war. Seine Jünger fragten ihn: „Meister, wer hat gesündigt, er oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?“ Und bei der Textstelle über Nikodemus sagt Jesus: „Ihr müsst wiedergeboren werden“ (Joh. 3,6-8). Auch der Jakobsleiter (Genesis 28,12), die nach dem DT nichts anderes bedeutet als das unaufhörliche Inkarnieren und Desinkarnieren der Geister, wird dieselbe Vision und Bedeutung gegeben, die gemäss Johannes 1,51 der ganzen Welt zukommen würde: „ Ihr werdet den Himmel offen und die Engel Gottes über dem Menschensohn auf- und niedersteigen sehen.“ Und noch deutlicher und höchst erstaunlich wird dies im zweiten Kapitel des zweiten Buch der Könige beschrieben.
[24]„Er fragte seine Jünger: Für wen halten mich die Leute eigentlich? Was sagen sie von mir? Einige meinen, du bist Johannes der Täufer. Andere halten dich für Elia oder für einen der Propheten, antworteten die Jünger.“ Markus 8,27-28
[25]Von damals datiert die bekannte Aussage „Wenn jemand die fabelhafte Präexistenz der Seele und die ihr nachfolgende ungeheure Wiederherstellung behauptet, sei Bannfluch“, die diese Fragestellung scheinbar auf endgültige Weise beseitigte, an welche sich sehr wenige zurück wagten. Siehe „Edikt des Justinianus gegen Origines“ –dem 15 Bannfluche folgten– im allgemeinen, durch Verdammung seinem Empfänger, dem II. Konzil von Konstantinopel, auferlegt; welcher es zu seinem grossen Bedauern unterschrieben hat –wie bekannt ist– und nur nach vielfachem Druck durch den Papst Vigilius und mit nicht wenigen Widerständen und etwas verspätet durch die Mehrheit der damaligen Christenheit. Siehe u.a.: Ch. J. Hefele „Histoire des Conciles d’Après les Documents Originaux“ Letouzey et Ané Editeurs Paris, 1908